Freitag der 28.11.2014, um 19 Uhr – draußen ist es zwar schon dunkel, aber es liegt Vorfreude in der Luft. Sieben Künstler und ein närrischer Moderator versammeln sich. Als teils eingeschworene Runde, die jedoch auch einige neue Gesichter erblickt, findet sie sich an diesem ominösen Tag zusammen.
Die Kulturbastion lud zum wiederholten Male dazu ein, eigene Gedichte oder Slams vorzutragen. Dem Ruf der Kleinkunst folgten dann auch viele Zuhörer, was schon im Vorfeld für mehr Spannung sorgte.
Für Max, Caroline, Harald, Kathleen, Karl, Constantin und Jonas – das ist übrigens meine Wenigkeit – ging es um mehr als das Vortragen irgendwelcher Texte. Ja, es galt regelrecht, sein Selbst zu offenbaren! Auch wenn dies im Wettstreit mit den anderen geschehen sollte, war die positive Grundstimmung omnipräsent. Mich persönlich ärgert es zwar ein wenig, dass formell in Gewinner und Verlierer geteilt wurde, aber tatsächlich gewannen durch die einmalige Erfahrung im Endeffekt sowieso alle.
Den Abend durchzogen nahezu alle denkbaren Themen. Von ernsten Inhalten, wie der Liebe, den Sehnsüchten und sogar Krieg, bis hin zu spaßigen Dingen, die besonders Micha als Kommentator einbrachte, war alles vertreten. So bot sich für einen geringen Obolus an Eintrittsgeld auch dem Publikum eine hervorragende Show. Zumal sie in einer Fragerunde auch selbst tatkräftig werden konnten. Wie vernünftig einige Fragen dabei waren, sei einfach mal dahin gestellt. Spaß hatte dennoch jeder allemal.
Am Ende errangen drei Künstler durch beeindruckende Werke die mit Preisen dotierten Plätze. Harald stach als Dritter mit einem Mix aus Anspielungen auf viele verschiedene Bereiche und seinem ganz eigenen Humor hervor. Pauline malte als Zweitplatzierte ihren Zuhörern facettenreiche Bilder, die durch nahezu epischen Charakter gekennzeichnet waren. Und Karl, der im Laufe der Veranstaltung ehrfürchtig als „Der Delitzscher“ bekannt wurde, trug verdient den ersten Platz als mit seinen tatsächlich absolut bühnenreifen Slams davon.
Neid oder Missgunst waren übrigens überhaupt nicht unter den Künstlern anzutreffen. Die Stile und die Inhalte der Beteiligten unterschieden sich auch so sehr, dass ich denke, dass wir uns vor allem gegenseitig ergänzten. So spricht Constantin Beindorf als mehrfacher Teilnehmer von einem sehr gelungenen Abend. Wir freuen uns schon gemeinsam darauf, beim nächsten Mal wieder dabeizu sein! Und auch in den Augen von Max, der zum ersten Mal mit seinen Texten auf einer Bühne stand und erst seit einem Jahr schreibt, war etwas ganz Besonderes erkennbar. Obwohl er keinen Platz belegte, umströmte ihn eine ganz markante Freude, die er auch für alle spürbar als Begeisterung zum Ausdruck brachte.
Falls euch noch die Sicht einer Zuschauerin über die Ereignisse interessiert, könnt ihr einen anderen Artikel über den Poetry Slam Abend von Alicia, die auch zu unseren JOWAX-Redakteuren gehört, in der Torgauer Zeitung lesen. Ihre Darstellung habe ich dann ebenfalls noch als Ansporn gesehen, euch eine ausführlichere Sicht eines direkt Involvierten zu bieten. „Inside out“ steht in diesem Artikel also vordergründig für einen tieferen Einblick in das Geschehen, den ihr bis jetzt lesen durftet.
Aber man kann daraus durchaus noch mehr extrahieren. Alle Akteure offenbarten eine aufgeschlossene Haltung, in der sie dazu bereit waren, ihr Inneres auszudrücken. Das sehe ich als etwas sehr Besonderes an, weshalb ich das Phänomen an dieser Stelle noch gerne ein wenig herausarbeiten möchte.
Der ganze Abend steht für mich nämlich für noch viel mehr als bloße Unterhaltung.
Denn etwas von seinem Inneren in die Außenwelt zu lassen, bringt einem zu noch viel mehr. Emotionen sind hier das Zentrale. Äußere ich das, was mich wirklich bewegt, dann ist es immer sehr persönlich. Die Künstler waren also nicht nur zum Slamen auf der Bühne, sondern ebenfalls, um sich selbst auszudrücken. In der Überschrift des Abends „Sag doch, was du fühlst!“, ist das ja alles sogar schon mit beinhaltet. Aber es offenbart sich eine noch ganz andere Welt, wenn man dem Aufruf tatsächlich mal folgt. Hier meine ich nicht lediglich das Rezitieren eigener Gedichte, sondern sich überhaupt in der Welt zu platzieren. Gemälde, jegliche Art des Musizierens und auch Graffiti oder Fotografie – all das führt mich zu einer Verbundenheit mit mir selbst. Fast jeder Künstler, der mit Herzblut dabei ist, wird wissen, was damit gemeint ist.
Es ist möglich, so über sich selbst zu reflektieren und hinderliche Blockaden oder Probleme zu überwinden. Natürlich wird es dabei emotional. Ein Griff ins eigene Herz ist nicht ganz ungefährlich, auch wenn das nur metaphorisch gemeint ist. Eindrucksvoll konnte man dies bei allen Slamern im Kap beobachten. Nervosität mag vielleicht anfangs ins Auge gefallen sein, aber dann war es besonders Freude und große Zufriedenheit. Und alle gingen später mit einem Lächeln und vielen schönen Erfahrungen nach Hause. Aber natürlich, seinen Sorgen Raum zu machen und seine Freude mit anderen zu teilen, befreit auch einfach enorm.
Toleranz ist eine weitere Sache, die wir von derartigen Veranstaltungen lernen können. Denn das Ausmaß an Respekt, was allen Sprechern gezollt wurde, ist kaum in Worte zu fassen. Das Gehörte mag zwar nicht immer allen gefallen haben, aber schon allein für den Mut, sich vor vielen Menschen zu öffnen, wurde jeder anerkannt. Mir ist dies so enorm wichtig, da doch gerade in unserer Gesellschaft, die oft auf Toleranz pocht, eben diese nicht selten unter den Tisch fällt. Seinem Gegenüber geduldig zu zu hören, unabhängig von dem, was er sagt, ist die wahre, hohe Kunst. Deshalb danke ich dem Publikum dafür, mir das noch einmal eindrucksvoll klarer gemacht zu haben!
Ihr seht schon, meine Auffassung vom Poetry-Slam-Abend ist recht pathetisch. Deshalb seid ihr gerne eingeladen, auch eure Auffassung in den Kommentaren zu äußern.
Und ansonsten lade ich euch jetzt schon einmal herzlich dazu ein, beim nächsten Mal auch mit dabei zu sein. Bei uns werdet ihr sicher wieder davon hören können.